Offener Brief an die Mitglieder des Gemeinderatsausschusses für Innovation, Stadtplanung und Mobilität

Monday

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12

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Feb

2024

Die Bürger:inneninitiative WESTBAHNPARK.JETZT fordert einen 1,2 km langen Park entlang der Gleise zwischen Westbahnhof und Schönbrunner Schlossallee ohne Bebauung des Areals. Der Westbahnpark braucht:

  • ein zur Gänze unbebautes Areal als klimaaktive Kaltluftschneise für die Stadt Wien
  • bessere Zu- und Abgänge
  • eine durchgehende, grüne Erholungsfläche mit Weitblick ohne störendem Kfz-Verkehr

Autor:

Paul Brauneis, Franka Fuchs, Lilli Lička, Willi Nowak, Suzana Stojanović-Joham

Bilder:

Benedikt Safer, Matthias Till

Der durch Stadträtin Ulli Sima bei der Pressekonferenz am 26.01.2024 vorgelegte Vorschlag für die Umgestaltung des Westbahnareals ist der positiven Entwicklung der Stadt nicht zuträglich und zerstört eine einmalige Chance der Stadtreparatur für eine klimafitte Zukunft.

Der von Stadträtin Ulli Sima präsentierte Vorschlag ist ohne tatsächliche Beteiligung der Bevölkerung und mit nur unzureichender Einbindung von fachlich versierten Personen und Institutionen entstanden. Das sogenannte Beteiligungsverfahren der Stadt Wien hat sich in der Abfrage von Wünschen erschöpft, es gab keinerlei Diskussion über mögliche Lösungen, es wurde kein Zwischenstand diskutiert.

Während beispielsweise ein Zeitdiagramm auf der eigens für den Beteiligungsprozess erstellten Homepage noch einen Termin ‘Stadtteilzeitung & Stadtteilforum’ seitens der Beteiligung vorsieht, wurde dieser Termin zur Berücksichtigung von Bürger:innen-Anliegen nun endgültig übergangen, indem Simas Pressekonferenz anberaumt wurde. Jenes Zeitdiagramm wurde nachträglich von der Homepage entfernt.

Bei der Pressekonferenz wurden weiters ausschließlich Fragen der Presse zugelassen, obwohl viele Bürger:innen anwesend waren. Es wurden zudem keine Grundrisspläne vorgestellt, die die tatsächliche Planung der Verbauung zeigen. Stattdessen wird auf naive Darstellungen zurückgegriffen, in denen alles grün und die Bebauung nur im Hintergrund zu sehen ist. Dabei zeigen die an uns zugespielten Planungsunterlagen eines anfangs favorisierten und in weiterer Folge vertiefenden Szenarios, dass die Stadt Wien entsprechend der auf der Pressekonferenz gezeigten Zeichnungen weiterhin eine massive und bis zu 60m hohe Bebauung verfolgt. Diese einseitige, täuschende Darstellung des Vorschlags wird nun über die stadteigenen Medien präsentiert, etwa in den Infoscreens der Öffentlichen Verkehrsmittel.

Währenddessen haben die Petition für einen durchgehenden Westbahnpark ohne Bebauung bereits 11.117 Personen unterschrieben.

Der von Stadträtin Ulli Sima vorgestellte Vorschlag ist aus folgenden Gründen abzulehnen:

  • Der sogenannte Park ist de facto ein Dachgarten auf und neben massiver Bebauung. Die Rede ist vom Park als „unterbaute Westbahnterrassen“ (Steger). Es handelt sich um keinen „Landschaftspark“, sondern um eine künstliche, sehr kostspielige Dachfläche. Abgesehen von der gänzlich falschen Verwendung des Fachbegriffs „Landschaftspark“ wird der Bodenkontakt verunmöglicht. Teilweise sind Auskragungen als „Balkone“ über das Bahnareal vorgesehen.

  • Die für die Klimabilanz der Stadt Wien unentbehrliche Kaltluftschneise wird durch die Bebauung deutlich beeinträchtigt. Durch die zusätzliche Versiegelung und Art der Bebauung wird ein großzügiger, klimawirksamer Baumbestand verunmöglicht.

  • Der Vorschlag zur Gestaltung des Westbahnareals missachtet die bestehende Biodiversität. Eine Studie von Etl et al (2022) hat unter anderem 119 Pflanzenarten, 79 Wildbienenarten und weitere streng geschützte Arten auf der Böschung entlang der Felberstraße nachgewiesen. Eben jene Böschung soll völlig zerstört werden. 

  • Das von der Stadt Wien selbst gesteckte Ziel “Raus aus dem Asphalt” heißt hier “Rein in den Beton.” Dachbegrünung ersetzt keine Entsiegelung, vielmehr werden zusätzliche Flächen versiegelt.

  • Die Stadt Wien setzt sich in ihrem Vorschlag nicht für einen durchgehend öffentlichen Park ein, der der Bevölkerung zu Gute kommt. Stattdessen soll der asphaltierte Bereich zwischen Böschung und Gleisanlage für Zufahrten und Erschließung der ÖBB zugeordnet werden.

  • Die bestehende Durchgängigkeit und Großzügigkeit sind große Qualitäten des Areals. Diese sollen entsprechend dem Vorschlag durch massive Bebauung unterbrochen und dadurch zerstört werden.

  • Die Durchlässigkeit für den Radverkehr wird verunmöglicht. Die bestehende attraktive Fahrradverbindung, die ohne Querungen und ohne Höhenunterschiede verläuft, wird zerstört.

  • Die Flächenbilanz ist geschönt. So ist etwa von nur 1ha Bebauung um die Schmelzbrücke bis hin zum Westbahnhof die Rede, de facto sind jedoch entlang der Felberstraße niedere Gebäude vorgesehen.

Gemäß den Plänen von Stadträtin Ulli Sima soll ein Park von etwa 5ha entstehen. Dieser liegt aber nicht auf dem Niveau der Gleise, wo zum jetzigen Zeitpunkt ein geschützter von der Felberstraße und deren Kfz-Verkehr abgesetzter Raum für Erholung besteht. Stattdessen soll der Park in aufwändiger, platz- und materialverbrauchender Weise über eine Überplattungs- und Hügellandschaft teilweise auf das Niveau der Felberstraße gebracht werden. Der Vorschlag für seine Gestaltung ist beliebig und geht auf die einzigartige Qualität des Ortes in keinster Weise ein. Die biodiverse Böschung wird gänzlich zerstört.

Am Brückenkopf der Schweglerbrücke sieht der Plan von Stadträtin Ulli Sima eine massive Bebauung vor: Hier sind Gebäude vorgeschlagen, die mit Hochhaus-Charakter knapp 35 Meter optional von bis zu 60m hoch sein sollen, die den oberen Platzbereich und die angrenzenden Gebäude vom Westbahnhofareal gänzlich abschotten (der Neubau liegt im Süden des Platzes) und die historische, städtebaulich wichtige Öffnung des Stadtraumes am Brückenkopf zerstören würden. Die Gebäude oberhalb der Felberstraße hätten kein natürliches Tageslicht mehr und wären von der Kaltluftschneise gekappt. Das Gebiet würde unweigerlich zu einem Hitze-Hotspot werden. Die in den Darstellungen auf die Fassaden gezeichneten Pflanzen vermögen in keiner Weise etwas an dieser Tatsache zu ändern. Die Gebäudehöhe überragt die (dann im Norden stehenden) Gebäude an der Felberstraße sowie die Sir Karl-Popper-Schule und erzeugen einen geschlossenen Stadtraum an einer der letzten Stellen, wo Weitblick aus der dichten, engen Stadt möglich ist.

Die Schweglerbrücke soll gemäß den Plänen von Stadträtin Ulli Sima durch eine breitere Überplattung ersetzt werden, deren Beginn mit Pflanzmöglichkeiten versehen wird. Eine breitere Brücke für Aufenthalt, Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr ist eine Verbesserung gegenüber dem jetzigen Zustand. Die massive Überplattung ist jedoch abzulehnen – sie erzeugt mit enormem konstruktivem und finanziellem Aufwand im Kontext einer städtebaulichen Raumplanung problematische Bereiche unterhalb der Platte, die schwer zu bewältigen sind.

Zudem sind Überplattungen über die Gleise des Bahnareals geplant, die jedoch unrealistisch sind. Diese Überplattungen müssten sehr hoch angesetzt werden, damit der Bahnbetrieb nicht gestört wird. Der Höhenunterschied des Gleisniveaus zur Felberstraße im Bereich der Schmelzbrücke beträgt ungefähr 8m, während es im Bereich des Westbahnhofs und der Fenzlgasse gar keinen Höhenunterschied mehr gibt.

Unter diesen Überplattungen (Terrassen, Balkone) sind Parkgaragen geplant. Die unten liegende Fläche soll somit auch als Verkehrsraum dienen. Dies führt jedoch zu einem Anstieg des Kfz-Verkehrs, was dem Ziel der Stadt Wien widerspricht, 40 Prozent weniger Autoverkehr bis 2030 zu haben bzw. eine Reduktion auf 15 Prozent in den kommenden Jahren zu erreichen.

Die bei der Pressekonferenz am 26.1.2024 von Stadträtin Ulli Sima präsentierten Darstellungen sind beschönigend, sie sparen die problematischen Bereiche aus, stellen sie verzerrend in großer Entfernung dar und verschweigen die Probleme.

Der nach den Plänen von Stadträtin Ulli Sima getätigte Aufwand wäre für einen durchgehenden Grünraum auf dem Niveau der Gleise bedeutend zukunftsträchtiger eingesetzt - einem Park, dem bereits über 11.000 Personen ihre Stimme gegeben haben, einem Park, der für die gesamte Stadt bedeutsam ist und einem Park, der ein europaweites Leuchtturmprojekt für eine mutige, umwelt- und sozial gerechte  Zukunft sein könnte!

Der Westbahnpark ist eine Jahrhundertchance für Wien, vergleichbar mit der Donauinsel. Er könnte dazu beitragen die bestehende eklatante Ungleichheit in der Grünversorgung auszugleichen, anstatt sie durch die geplante Bebauung noch zu verstärken. Immer mehr Bebauung bei relativ dazu immer weniger Grünräumen führt zu Extremwetterereignissen und ungesunden Lebensumständen – vor allem in Bezirken wie Rudolfsheim-Fünfhaus mit engen Wohnverhältnissen und einer sozial benachteiligten Bevölkerung. Im jüngsten Bezirk Wiens mit dem geringsten Durchschnittsalter von 39 Jahren und dem geringsten Einkommen von 21.000 Euro pro Jahr brauchen rund 80.000 Menschen wohnungsnahe Bewegungs- und Erholungsräume im Norden und im Süden der Bahn. Es braucht den Westbahnpark für die Luft zum Atmen! Der 15. Bezirk ist mit einer Geschossflächenzahl von 2,93 ein dicht bebauter Außenbezirk in Wien. Im 15. Bezirk wohnen je km2 20.474 Menschen. Jeder Person im Bezirk stehen nur 3 m2 öffentlicher Grün- und Freiraum zur Verfügung. Die Stadt Wien setzt sich 8 m2 pro Person als Ziel. Der Westbahnpark ist dringend erforderlich, um urbane Hitzeinseln auszugleichen. Er ist Teil der Kaltluftschneise vom Wienerwald durch das Wiental mitten in die Stadt. Der 15. Bezirk würde klimagerecht werden – mit echten Bäumen im echten Boden, 70.000 m2 entsiegelter Fläche und einem zukunftsfähigen Regenwassermanagement, von dem auch die Innenbezirke profitieren. Der Westbahnpark hat eine grüne und extrem biodiverse Böschung. Die Biodiversität gilt es zu unterstützen und für die Zukunft des urbanen Ökosystems zu erhalten. Die Westbahngleise trennen den nördlichen und den südlichen Bezirksteil. Der Westbahnpark hebt die Barriere-Wirkung auf, wird sozialer Treffpunkt für Nord und Süd und schafft mehr fußläufige und radtaugliche Quer- und Längsverbindungen. Radrouten könnten mit geringen Niveauunterschieden von der inneren Stadt durch den Westbahnpark bis nach Hütteldorf führen. Die Bahn verbindet Stadt und Park mit der Welt. Der Westbahnpark ist ein notwendiger Schritt in eine sozial- und umweltgerechte Stadt der kurzen Wege!

Unterstützen Sie die Forderung für einen unbebauten Westbahnpark!

Ein Park für Alle!

Der Westbahnpark in der Presse

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